Winzer der 1. Stunde: Weingut Jurtschitsch

LESEDAUER: MIN.

Stefanie & Alwin Jurtschitsch leiten den niederösterreichischen Familienbetrieb seit 2007 auf überzeugende Art und Weise nachhaltig biologisch. Für die beiden modern denkenden Winzer kann Qualität nur über gesunde Böden und Reben führen. Mit ihrem ganz besonderen „Sense of place“ vinifizieren sie terroirspezifische, authentische Weine, die sich durch eine kühle, elegante Stilistik hervortun.

IHR HABT EUREN BETRIEB KOMPLETT AUF BIOLOGISCHE BEWIRTSCHAFTUNG UMGESTELLT. WANN WAR DAS? WELCHE GRÜNDE HABEN EUCH DAZU BEWEGT?

Wir haben das Thema „Bio“ auf unseren Reisen und während diverser Praktika im Ausland kennengelernt und erlebt und sind überzeugt, dass dies auch für uns der richtige Weg ist. Seit wir das Weingut von den Eltern übernommen haben, wirtschaften wir ausschließlich nachhaltig biologisch. Für uns wächst die Basis guter Weine im Weingarten. Alwin verbringt viel Zeit im Garten und entwickelt so ein feines Gespür für jeden unserer Weinberge. Wir nennen das den „Sense of place“. Natürlich bringt „Bio“ allein nicht zwangsläufig die besseren Weine hervor, aber es macht uns zu bewusster handelnden Weinbauern. Und damit fühlen wir uns besser.

WAS MACHT IHR (IN DIESEM ZUSAMMENHANG) ANDERS ALS ANDERE WINZER?

Wir praktizieren einen sanften Rebenschnitt und lehnen Monokulturen im Weingarten ab. Stattdessen zelebrieren wir blühende Vielfalt durch Begrünung. Schon 2006 haben unsere Eltern damit begonnen, eigenen Kompost für unsere Weinberge zu erzeugen. Seit 2011 verfolgen wir, Alwin und Stefanie, unseren ganz eigenen Stil in Bezug auf Bio. Biologisch hat für uns nichts mit „Birkenstock-Idylle“ zu tun, sondern ist harte, komplexe Arbeit. Wir suchen sogar die Bäume, österreichische Bäume, für das Holz unserer Weinfässer selbst aus. Diese ganzheitliche, nachhaltige Herangehensweise möchten wir unseren Kunden mitgeben, wenn sie sich für Jurtschitsch Weine entscheiden.

„SCHRUMPFEN, UM ZU WACHSEN“, LAUTET EINER EURER GRUNDSÄTZE. WAS IST DAMIT GEMEINT?

Vor 10 Jahren haben wir die Weinproduktion um etwa ein Drittel reduziert. Jurtschitsch Weine enthalten jetzt zu 100 % Trauben aus familieneigenen Weingärten. Pachtflächen wurden zurückgegeben, so dass sich unsere Anbaufläche von 74 ha auf 60 ha reduziert hat. Wir haben uns stärker auf höherliegende und höherwertige Lagen fokussiert und den Betrieb im Sinne von mehr Qualität reduziert. Dass wir damit richtig lagen, zeigt sich in einem Stilwandel unserer Weine. Auch im warmen Jahr 2011 beispielsweise konnten wir filigrane, schlanke, elegante Weine, insbesondere Grüne Veltliner, präsentieren.

WIE VIEL „ALWIN“, WIE VIEL „STEFANIE“ STECKT IN JURTSCHITSCH WEINEN?

Wir sind beide leidenschaftliche Winzer, die sich in ihrem Denken und Handeln sehr gut ergänzen. Gerne, viel und weit gereist, haben wir unsere ganz bestimmten Vorstellungen und Ideen und setzen diese gemeinsam um. Vieles läuft Hand in Hand und harmonisch ab. Alwin ist der kreative Kopf und mehr im Weingarten „zu Hause“. Stefanie bringt die Jurtschitschen Weinvisionen mit einem eigenen Kellerteam in die Flasche. Bis die Leute gemerkt haben, dass die Weine der neuen Generation am Weingut Jurtschitsch anders schmecken, hat es allerdings ein paar Jahre gedauert.

WAS DÜRFEN SICH WILLE WEINKUNDEN IN DER KOMMENDEN WEINSAISON VON EUCH BZW. EUREN WEINEN ERWARTEN?

Das Jahr 2018 war sehr warm – trotzdem präsentieren sich die Weine aus dem kühlen Kamptal wieder elegant, präzise, feingliedrig. Voll feiner Frucht und Spannung. Es sind Weine, die von ihrer Herkunft erzählen und von den Winzern, die sie auf dem Weg zur Vollendung begleitet haben.

GIBT ES EIN RITUAL, EINE ANGEWOHNHEIT, OHNE DIE DER WEIN BEI EUCH NICHT GÄRT?

(Lachen) Wir streicheln unsere Fässer. Good Vibrations und positive Energie auf dem gesamten Weingut und bei unseren Mitarbeitern – das liegt uns am Herzen. Missgeschicke werden bei uns (augenzwinkernd) mit einer Bierstrafe belegt. Aber: Trotz aller Liebe zum Wein gönnen auch wir uns ab und zu gern ein kühles Feierabend-Bier aus dem Kamptal.

DIE WICHTIGSTEN TRENDS IM ÖSTERREICHISCHEN WEINBAU?

Naturwein. Ansonsten ist der größte Trend für uns, keine Trends zu erzeugen. Wir streben nach Konzepten, die auch in 20 Jahren noch gelten. Der Name Jurtschitsch steht für Langfristiges und nicht für Schnelllebiges.

WARUM HABT IHR EUCH FÜR GETRÄNKE WILLE ALS WEINHÄNDLER IN WESTÖSTERREICH ENTSCHIEDEN?

Mit Getränke Wille pflegen wir eine langjährige, gute Partnerschaft. Beide Familienbetriebe teilen ähnliche Werte und Vorstellungen von einer guten Zusammenarbeit.